14. Dezember 2020 / Lokales

„Festschrift 100 Jahre Heimat- und Geschichtsverein Beckum"

Heimat- und Geschichtsverein Beckum

Als am 13. März 1920 – also vor 100 Jahren – der Heimat- und Geschichtsverein für Beckum und die Beckumer Berge e.V. gegründet wurde, war gerade eine ganze Epoche zu Ende gegangen. Der „Große Krieg“ hatte nicht nur die deutsche Monarchie hinweggefegt, sondern auch die alten Ordnungen und vertrauten Traditionen aufgelöst. Überall im Land litten weite Teile der Bevölkerung massiv unter den Folgen dieser ersten globalen Katastrophe.

Es herrschten Arbeitslosigkeit und vielerorts Hunger, die ständig wachsende Inflation pulverisierte das Ersparte, die Wirtschaft kam nicht in Schwung, und das politische System der Weimarer Republik wirkte so zerbrechlich, dass es nur geringes Vertrauen genoss. Was man durch den Krieg verloren hatte, stand den Menschen buchstäblich vor Augen, und was die Zukunft bringen würde, erschien äußerst ungewiss. Es dürfte kaum verwundern, dass nur wenige der „neuen Zeit“ mit Zuversicht und Freude entgegensahen. 

In dieser mental und kulturell verunsicherten Lage erkannten etliche Beckumer Bürger ihren gleichermaßen persönlichen wie gesellschaftlichen Auftrag. Denn ihnen war klar: Wenn man herausfinden wollte, wohin es künftig gehen sollte, musste man zunächst wissen, wer man war und wo man stand.

Die Gründungsväter des Heimatvereins waren davon überzeugt, dass man einer ungewissen Zukunft am besten mit den Gewissheiten über die eigene Identität begegnet. Und wo anders könnte man mehr über sich selbst erfahren als in der heimischen Geschichte? Würde man das lokale geschichtliche Vermächtnis gewissenhaft „sammeln, erforschen, bewahren und vermitteln“, hätte man quasi eine identitätsstiftende Basis, die auch in unübersichtlichen Zeiten Orientierung bieten könnte. 

Und von diesen „unübersichtlichen Zeiten“ gab es im Laufe der nunmehr 100jährigen Geschichte des Heimat- und Geschichtsvereins Beckum mehr als genug: Die Hyperinflation und die Weltwirtschaftskrise in den Zwanzigerjahren, die furchtbare Nazi-Diktatur, der verheerende Zweite Weltkrieg, Flucht und Vertreibung, die erneute Geldentwertung und die Währungsreform, die schwierigen Anfangsjahre der Bundesrepublik und die zahllosen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Einschnitte.

Erfreulicherweise gab es in diesen 100 Jahren aber auch beispiellos viel Positives: Der langanhaltende Frieden seit mehr als 75 Jahren, Wohlstand für weite Teile der Bevölkerung, die Wiedervereinigung und ein kaum vorstellbarer Fortschritt in allen Lebensbereichen. 

Im Rückblick auf all diese Jahre kommt man fast unweigerlich zu der Erkenntnis, dass sich eine widerstandsfähige Demokratie immer wieder durch eine Kultur der Erinnerung stärken muss. Denn nach wie vor gilt: Je höher ein Baum wächst, desto tiefer und kräftiger muss sein Wurzelwerk sein; jede Zukunft braucht eine feste Verankerung in der Vergangenheit. Dies gilt sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene.

Deshalb sind alle Aktivitäten des Heimat- und Geschichtsvereins Beckum darauf ausgerichtet, die örtliche Erinnerung für die Gegenwart und Zukunft zu erhalten, zu beleben und durch sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu festigen.

So stellen das Sammeln, das Erforschen, das Bewahren und das Vermitteln von lokaler Heimatkunde, von Geschichte, Kultur, Landschaft und Sprache des Beckumer Raums nach wie vor die zentralen Anliegen des Heimat- und Geschichtsvereins Beckum dar. Seit 100 Jahren sind der Verein und seine Mitglieder diesem Auftrag beharrlich und überaus produktiv nachgegangen. Unzählige Vorträge, Film- und Fotoschauen, Aufführungen, Ausstellungen, Wanderungen und Exkursionen wie auch der Erhalt von vielgestaltigen historischen Zeugnissen, Bau- und Bodendenkmälern, das Anlegen des Heimatarchivs und der Sammlungen, die Initiativen für das Stadt- und für das Zementmuseum, das Mitwirken bei Stadtfesten und -jubiläen sowie die Errichtung von Denk- und Ehrenmälern belegen dies eindrucksvoll.

All diese vielfältigen Aktivitäten trugen maßgeblich zur Entwicklung und heutigen Bedeutung des Vereins bei. In seinen 100 Jahren hat der Verein etliches bewegt und bewirkt und dabei viele Höhen wie auch Tiefen gemeistert – Grund genug, um seine Leistungen mit der vorliegenden Festschrift zu würdigen. 

Selbstverständlich hat dieser Erfolg viele Mütter und Väter: So konnte sich der Heimat- und Geschichtsverein Beckum seit seiner Gründung zum einen auf viele engagierte, ehrenamtlich aktive Vereinsmitglieder mit ihren unterschiedlichsten Fähigkeiten und Persönlichkeiten stützen, wodurch Grundlegendes erreicht wurde.

Zum anderen standen dem Verein in all den Jahren auch immer wohlgesonnene Förderer zur Seite, die durch ihre großzügige finanzielle und ideelle Unterstützung etliche Projekte überhaupt erst möglich machten. Allen Mitwirkenden sei für ihr großes Engagement von Herzen gedankt – verbunden mit der Hoffnung, dass das gemeinsame Band noch lange bestehen bleiben möge.

Die Beiträge dieser Festschrift zur Geschichte und Gegenwart des Heimat- und Geschichtsvereins Beckum wollen einen Überblick über seine wichtigsten Stationen und Entwicklungen bieten. Der Historiker Ingo Löppenberg befasst sich mit den Vorläufern sowie der Frühzeit unseres Vereins bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges und beleuchtet ausführlich alle Aspekte der 700-Jahrfeier der Stadt Beckum.

Die 75 Vereinsjahre vom Wiederaufbau demokratischer Strukturen bis zur Gegenwart werden von Stefan Wittenbrink dargestellt, ebenso die Entstehung und der Bestand der heimatgeschichtlichen Sammlungen wie auch die Arbeitsgruppen, Projekte und Beteiligungen.

Die reichhaltigen Bestandteile des Heimat- und Familienarchivs wie auch die Nutzungen stellt Lehrerin Maria Sudbrock übersichtlich vor. Pastor Dr. Stefan Peitzmann, Zahnärztin Maria Hagedorn, Oberstudienrat Rolf Hartmann und Familienforscher Dr. Jörg Wunschhofer befassen sich mit der Biographie, den Publikationen sowie dem Nachlass des Heimatforschers und Vereinsvorsitzenden Anton Schulte.

Weiterhin schrieb Rolf Hartmann einen umfassenden Abriss zum Kriegerverein Beckum und zum Kriegerehrenmal am Westteich. Schließlich beschäftigt sich der Münsteraner Historiker Dr. Karl Ditt mit den Wandlungen des Heimatverständnisses in Westfalen während des 20. Jahrhunderts und ermöglicht damit auch einen überörtlichen Blick. 

Immer wieder geht aus diesen Artikeln nachdrücklich hervor, wie engagiert und erfolgreich die Aktiven des Heimat- und Geschichtsvereins Beckum ihren Verein und sein Anliegen für unsere Heimat durch die zurückliegenden 100 Jahre gelenkt haben. Dem beeindruckenden Wirken all dieser Menschen soll durch die vorliegende Festschrift ein ehrendes Denkmal gesetzt werden. Den Autoren gebührt für ihre intensiven Recherchen und Mühen großer Dank.

Im Jubiläumsjahr 2020 kann der Heimat- und Geschichtsverein Beckum mit seinen aktuell 224 Mitgliedern auf ein tiefverankertes, vielfältiges und erfolgreiches Wirken in 100 Jahren für die Bürger der Stadt Beckum zurückblicken – wobei nicht ohne Stolz angemerkt sei, dass er damit im heutigen Kreis Warendorf der älteste ununterbrochen tätige Verein seiner Art ist.

Seit nunmehr 100 Jahren haben alle Vereinsaktivitäten das Ziel verfolgt, die Wertschätzung für die eigene Heimat und ihre Eigenart zu fördern sowie die Besinnung auf die reiche Vergangenheit in zukünftigen Planungen und Aufgaben einfließen zu lassen. Auch künftig will der Heimat- und Geschichtsverein Beckum seiner Gründungsdevise „Sammeln, Erforschen, Bewahren, Vermitteln“ treu bleiben und damit seinen satzungsgemäßen Auftrag weiterhin gern erfüllen. 

„Festschrift 100 Jahre Heimat- und Geschichtsverein Beckum" herausgegeben vom Heimat- und Geschichtsverein für Beckum und die Beckumer Berge e.V. durch Stefan Wittenbrink.

276 Seiten, Hardcover, viele farbige Abbildungen, 
Ladenpreis EURO 15,00, ISBN 978-3-9814489-8-6 

Die Drucklegung erfolgte mit finanzieller Unterstützung der Stadt Beckum, der Bezirksregierung Münster (Heimatscheck) und der Sparkasse Beckum-Wadersloh.

Mitarbeiter: Dr. Karl Ditt, Münster; Maria Hagedorn, Beckum; Rolf Hartmann, Sassenberg; Ingo Löppenberg, Diepholz; Dr. Stefan Peitzmann, Beckum; Maria Sudbrock, Beckum; Stefan Wittenbrink, Beckum; Dr. Jörg Wunschhofer, Beckum;

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