26. August 2023 / Aus aller Welt

Nordsee: Mit der Drohne auf der Suche nach Umweltsündern

Wie ist es um die Abgaswerte von Schiffen bestellt? Eine Drohne kontrolliert erstmals das Einhalten der Grenzwerte. Nicht alle Schiffe halten sich daran - das kann teuer werden.

Mit der Drohne beginnt in der Nordsee die Suche nach Umweltsündern.

Kommandant Frank Plötner hat auf dem Radar ein Containerschiff ins Visier genommen. Der rund 200 Meter lange Frachter kommt aus der Elbe und ist auf der Nordsee in Richtung Ärmelkanal unterwegs. Er ist noch rund zehn Meilen vom Patrouillenschiff «Bamberg» der Bundespolizei entfernt.

Plötner will die Schwefelemissionen in der Abgasfahne messen lassen, die aus dem Schornstein des Containerschiffs kommen. An Bord der «Bamberg» wird für die Mission eine Drohne in Form eines Mini-Helikopters startklar gemacht. Sie soll in die Abgasfahne fliegen und mithilfe eines Messgeräts die Daten liefern.

Regelkonformer Kraftstoff

Die Nordsee zählt zu einer der meistbefahrenen Schifffahrtsrouten der Welt. Dort gilt so wie in der Ostsee ein strenger Grenzwert für Schwefelemissionen.

Während international Schiffstreibstoffe mit einem Schwefelgehalt von maximal 0,5 Prozent erlaubt sind, gilt in Nord- und Ostsee ein Wert von 0,1 Prozent. «Je weniger Schwefel ein Treibstoff hat, desto teurer ist er», sagt Carolin Abromeit vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Die Umstellung klappe auch daher nicht immer reibungslos.

Die Überwachung, ob regelkonformer Kraftstoff verwendet wird, stellt die Behörden vor Herausforderungen: Verdachtsunabhängige Kontrollen an Bord sind aufwendig und teuer. Daher hat das BSH feste Messstationen etwa in Bremerhaven und am Nord-Ostsee-Kanal installiert.

«Das funktioniert gut», sagt Abromeit. Wird ein Überschreiten des Grenzwertes festgestellt, nehmen Behörden im nächsten Anlaufhafen Proben vom Kraftstoff.

Drohne macht Behörde flexibler

Doch was ist mit den Tankern, Massengutfrachtern und Containerriesen, die zwischen dem Ärmelkanal und Dänemark fahren - weit entfernt von der deutschen Küste? Erstmals setzen die deutschen Behörden in diesem Sommer eine Messdrohne ein, die von Bord eines Schiffes startet. «Mit der Drohne sind wir flexibel und können weit raus», sagt Abromeit.

Im letzten Jahr wurde bereits eine Drohne in der Ostsee genutzt. Das Fluggerät startete während des dreimonatigen Einsatzes von der Insel Fehmarn. Heraus kam, dass fast 98 Prozent der überprüften Schiffe die Werte einhielten, sagt Carolin Abromeit.

Erste Ergebnisse

In der Nordsee sehen die Ergebnisse nach drei Monaten Drohneneinsatz etwas anders aus: Bei knapp 50 auswertbaren Messungen wurden sieben Verstöße festgestellt. Die Ergebnisse wurden jeweils mit den Daten des Schiffes in Echtzeit den Kontrollbehörden in allen europäischen Häfen zur Verfügung gestellt, wie Abromeit sagt. Wird ein Verstoß nachgewiesen, müssen die Reedereien mit Bußgeldern bis zu 50.000 Euro rechnen.

«Wenn die Gesetzgebung nicht kontrolliert wird, ist sie wirkungslos», sagt Olaf Trieschmann von der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA). Die EMSA stellt daher seit einigen Jahren allen europäischen Mitgliedstaaten auf Antrag die Messdrohnen zur Verfügung. «Die Technik wurde im militärischen Bereich entwickelt», sagt Trieschmann.

Die Drohne im Einsatz

Eine der EMSA-Drohnen ist seit Juni auf dem Bundespolizeischiff «Bamberg» im Einsatz. An diesem Tag sind die Wetterbedingungen optimal: das Wasser ist flach, die Sonne scheint, der Wind weht nur mäßig.

Die Drohne ist zwar gut drei Meter lang, wirkt auf dem Hubschrauberlandeplatz des Schiffes aber etwas verloren. Damit sie gleich starten kann, sind von der EMSA beauftrage Flugprofis an Bord. Aleksander Ljudvig hat von der Plattform vor der Schiffsbrücke einen guten Blick auf die Drohne. Das sechs Kilo schwere Steuergerät hat er vor seinen Bauch geschnallt. Als er grünes Licht für den Start bekommt, gewinnt die Drohne schnell an Höhe.

Anschließend fliegt der Mini-Hubschrauber autonom zum ausgewählten Containerschiff, das inzwischen in Sichtweite ist. Ljudvigs Kollege Roman Nagy überwacht auf einem Monitor die Drohnenkamera; mit einem Joystick kann er sie steuern. Auf dem Bildschirm ist die Abgasfahne des Frachters gut zu erkennen.

Als die Drohne das Schiff erreicht, fliegt sie hinein und bleibt dort minutenlang. «Es ist gar nicht so einfach, den richtigen Punkt zu finden», sagt Nagy. Und so waren auch nur knapp die Hälfte der Messungen in den letzten drei Monaten auswertbar.

Bis zu maximal 100 Meter nähert sich die Drohne dem Schiff. «Das kriegt die Schiffsbesatzung mit, die Drohne ist laut», sagt Kommandant Plötner. Manchmal kämen Anrufe bei der Revierzentrale an, weil sich die Crew von der Drohne bedroht fühle. «Eigentlich sind alle darüber informiert, dass Drohnenüberwachungen jederzeit möglich sind», betont Plötner.

Flugexperte Nagy hat inzwischen Glück: Er schafft es, die Drohne perfekt in der Abgasfahne zu platzieren. Schnell sind auch die Daten ausgewertet. Der Schwefelgehalt des Containerschiffes liegt bei 0,084 Prozent, also im erlaubten Rahmen. Enttäuscht ist Carolin Abromeit nicht: «Es ist ja gut, wenn man nichts findet.» Kurze Zeit später landet das Fluggerät wieder auf dem Polizeischiff. Bis zu zweimal am Tag wird die Drohne eingesetzt, zur Verfügung stehen bis zu sechs Flugstunden täglich.

Hohe CO2-Emissionen

Als die «Bamberg» nach dem Einsatz weiterfährt, ist am Horizont eine riesige gelbe Wolke zu sehen. «So was sehen wir regelmäßig», sagt Kommandant Plötner. Die Wolke sei das Ergebnis der Emissionen auf der sogenannten Tankerroute - je nach Witterung mal besser und mal schlechter zu sehen. Einem Bericht der EMSA und der Europäischen Umweltagentur zufolge verursachten Schiffe, die im Jahr 2018 in Häfen der EU und des Europäischen Wirtschaftsraumes anlegten, rund 140 Millionen Tonnen CO2-Emissionen - trotz der geltenden Grenzwerte.

Ende August läuft die Drohnen-Kampagne in der deutschen Nordsee aus. «Wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf», sagt Abromeit, «und haben schon einen Antrag bei der EMSA gestellt, damit 2024 die Drohne wieder in der Nordsee zum Einsatz kommt.»


Bildnachweis: © Lars Penning/dpa
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